Mandalay, klangvoller Name mit einem gewissen Mythos

Auf den ersten Blick erscheint Mandalay als quirlige oder gar chaotische Metropole. Überall schiessen neue Hotels und Geschäftshäuser aus dem Boden, benebelt von den Abgasen der tuckernden Zweitakter-Taxis. Aber trotz 1 Mio. Einwohner liegt die Stadt - für diese Grösse überraschend - nach Sonnenuntergang weitgehend im Dunkeln. Der romantische, altertümliche Charme von Mandalay erschliesst sich erst bei näherem Hinsehen, z.B. in abgelegenen Strassenzügen oder am Ufer des Ayeyarwady, dem grossen Fluss von Myanmar. Obwohl es sich bei Mandalay um eine noch vergleichsweise junge Stadt handelt, ist ihr klangvoller Name mit einem gewissen Mythos verbunden. Grund dafür ist die Tatsache, dass Mandalay - zwar nur für kurze Zeit - die Residenz des letzten birmanischen Königsreichs war.

 

Ob unsere Reise bis nach Mandalay führt wissen wir noch nicht. Vielleicht lassen wir uns von der Langsamkeit der Eisenbahn anstecken und verzichten auf den Abstecher in den wieder etwas hektischeren Norden. Aus diesem Grund haben wir zwischen Inkle Lake und Bagan während 9 Tagen keine Unterkünfte mehr vorgebucht und können so die Reiseroute beliebig gestalten.

Das erwartet uns in Mandalay

Reisebericht vom 17. - 20. November

Beim Aussteigen am Bahnhof flüchten wir einem hartnäckigen Taxifahrer mit einem Fussmarsch quer über den grossen Kreisel, da gegenüber das Reisebüro Sun Far Travel liegt. Dort buchen wir die Schiffsfahrt nach Bagan auf dem Schnellboot Malikha. Die Ankunft im Ayeyarwaddy River View Hotel führt uns dann zurück in die saubere, heile Tourismus-Welt mit allen Annehmlichkeiten wie Feuchttüchlein für das Gesicht, Fruchtjus und klimatisierte Lobby. Sogar das Handy ist nach ein paar Handgriffen wieder online und die Hockeygebnisse vom EHCB und SCB versüssen uns den Morgen zusätzlich. Mit der Nachricht unseres Reisebüros, dass der Flug von Bagan nach Thandwee jetzt bestätigt ist, steigt unsere Stimmung vollends wieder. Damit sind die letzten Puzzleteile unserer Reise fixiert. Zur Belohnung füllen wir unsere leeren Mägen mit je einem grossen, vierlagigen Club-Sandwich und Pommes – und das zum Frühstück! Die nächste Aktivität ist erst wieder für den Abend geplant, nämlich der Besuch der Happy hour – Rum Orange à la discretion…..wir geniessen bei zwei Drinks und einem feinen Essen die Abendstimmung auf der Dachterrasse, saugen die Atmosphäre auf und schmieden Pläne für die kommenden Tage in Mandalay.

 

Am nächsten Morgen erkunden wir die Ufer des Ayeyarwaddy und stellen fest, dass sich auf den Sandbänken des Flusses während der Trockenzeit Menschen ihr Zuhause in Form von einfachen Hütten gebastelt haben und dort zwischen Schiffen und Handwerksbetrieben leben. Die Wäsche wird zum Trocknen auf der Strasse ausgelegt und die Kinder freuen sich über jedes Lächeln oder Winken unsererseits. Spontan posieren sie für Fotos und sprechen die üblichen Sätze wie „whe do you come fom“ und „oooh, Swiselländ is nice caunty“. Sie haben im Prinzip nichts aber sind doch alle irgendwie glücklich. Martin verschenkt einem Holzsäger noch seinen Hut und bekommt dafür ein breites Grinsen zurück. Am ende unseres Spaziergangs finden wir die Malikha Jetty, wo in ein paar Tagen unser Boot abfahren wird. Mit dem Taxi fahren wir in den Osten der Stadt zu verschiedenen Tempeln und Klöster. Den richtigen Preis fürs Taxi finden wir nicht auf Anhieb, doch als uns der alte Mazda 200 m später nachfährt wissen wir, dass unser Preis der Richtige ist! Nach der Tempeltour schauen wir uns das Hotel Mandalay Hill an und gönnen uns ein Dessert für 37 $. Das entspricht zwar etwa dem zweifachen Tagesbudget für Essen, aber zwischendurch muss auch das sein……Als wir nach dem (kurzen) Weg zum Mandalay Hill nachfragen, will uns ein Taxifahrer davon überzeugen, dass der Weg zu weit ist und nur er uns helfen kann. Der kleine Junge , den wir als nächstes fragen, zeigt uns dann sofort den Eingang 100m weiter links. Was er danach vom Taxifahrer zu hören bekommt können wir zwar nicht übersetzen, verstehen es aber trotzdem!! Auf dem Mandalay Hill, nach 934 Treppenstufen barfuss angekommen, geniessen wir die Rundsicht und die Ruhe, denn eine halbe Stunde später treffen die Gruppenreisenden mit Bus und über eine Rolltreppe zum Sonnenuntergang ein. Wir verlassen die Tempelanlage wieder und fahren mit dem Taxi zum Hotel zurück – natürlich erst nachdem wir unseren Preis erhalten haben. Dieses Mal handeln wir nicht lange, wir wollen einfach einen zweiten, tieferen Preis hören. Denn eines ist klar, wir werden nie den erstgenannten Preis akzeptieren, das ist ein Prinzip! So isches und fertig!! In der Happy hour steigern wir uns (ungeduscht) auf vier Gratisdrinks.

 

Für die Tagestour zu den alten Königsstädten Amarapura und Inwa sowie über die Brücke nach Sagaing buchen wir den Senior Driver des Hotels, Hla Myint und seinen alten Toyota. Ständig hupend fährt er uns 20 km die Stadt heraus zur U-Bein-Brücke, ein uralter 1,2 km langer Holzsteg aus Teakholz. Die Szenerie am Morgen früh ist mystisch und in netter Begleitung einer jungen Studentin überqueren wir den Steg und fahren mit dem Boot zurück. Der spiegelglatte See und die herauskommende Sonne führen zu wunderbaren Bildern. Wir kaufen der Studentin, die gleichzeitig auch Souvenirverkäuferin und Reiseguide ist, eine Halskette ab. Da sie uns keinen zweiten Preis geben will und wir unserem Prinzip treu bleiben wollen (müssen), splitten wir den Preis in 4'000 für die Kette und 1'000 für den Guide. Sie ist einverstanden, ihr ist unser Spiel egal! Auch in Inwa werden wir von verkaufswütigen Frauen empfangen und wir retten uns indem Jolanda eine Armkette bei Momo reserviert. Ob sie uns später noch kennt? Inwa ist eine Insel und wir versuchen ein Fahrrad zu mieten. Freundlich erklärt man uns, dass hier nur Horsecar zugelassen sind. Und wir sehen das auch deutlich, denn über 50 Kollegen von Oscar stehen bereit für die Touristen. Alle Fahrer sind gewerkschaftlich organisiert und der Chairman des Inwa Horscare Teams stellt uns die Quittung zum fixen, nicht handelbaren Preis von 9'000 Kyat aus. Wir werden dieses Monopol bei der Kartellkommission verklagen!! Wir lassen uns aber überzeugen und dank den Trampelpfaden und guter Bereifung der Wagen denken wir, dass es diesmal auch für das Pferd O.K. war. Wie geht es wohl Oscar in Kalaw? Bei der Rueckkehr wartet Momo bereits und ruft nach Jolanda, so dass auch diese Kette noch eine glueckliche Abnehmerin findet. In Sagaing bewundern wir vom Hügel aus die bewaldete Landschaft mit den unzähligen goldenen Stupas, die überall hervorgucken – einfach fantastisch. Nach einem Bier am ruhigen Flussufer fahren wir hupend mit Hla Myint zurück ins Hotel. Zuerst denken wir noch, dass er all die Leute kennt, die er anhupt. Jetzt in der Dämmerung fällt uns auf, dass das Hupen noch zunimmt und merken, dass unser Senior Driver eine Sehschwäche hat und sich deshalb den Weg freihupt. Wir kommen aber gut im Hotel an, verpassen zwar einen Teil der Happy hour, können aber den Level von vier Drinks (ungeduscht) trotzdem halten. (P.S. „wir“ bezieht sich bei der Happy hour nur auf die Männer).

 

Die Fahrt mit der Malikha nach Bagan steht nun auf dem Programm. Bei unserem Eintreffen ist das Schiff bereits brechend voll, zu unserem Erstaunen vor allem mit älteren Gruppenreisenden. Immerhin stehen 9 Stunden flussabwärts bevor und die Malikha erweist sich nicht gerade als das romantische Holzschiff mit Sonnendeck sondern als Schnellfähre mit Plastikbestuhlung. Wir sichern uns einen Platz oben links neben dem Captain, der wegen seiner Ähnlichkeit zu Johnny Depp fortan Captain Jack Sparrow heisst. Die erste Stunde bis zur Brücke von Inwa nach Sagaing ist atemberaubend mit vielen spannenden Schiffen und schöner Morgenstimmung. Die weiteren sieben Stunden verbringen wir damit, die Touristen auf dem Unterdeck zu beobachten und mit einigen Mitreisenden ergaben sich interessante Gespräche…… Eine Stunde freuen wir uns dann auf die Ankunft und die Einfahrt zur Jetty von Nyaung U bei Bagan wird nochmals äusserst interessant. Mit einfachsten Mitteln wird das Schiff am steil abfallenden Ufer festgemacht und über einen Holzladen (bei uns ein Hühnersteg) steigen die rund 150 Personen einer nach dem andern aus. Wieso ein Pier bauen, wenn es so auch geht! Während der Taxifahrt zum Hotel in Old Bagan sehen wir im Abendlicht die ersten von insgesamt 2230 aufgelisteten Pagoden und freuen uns auf die kommenden 5 Tage, die wir zum Erkunden von Bagan und Umgebung zur Verfügung haben.