Reisebericht vom 13. - 16. November

Kalaw ist ein alter englischer Luftkurort auf 1320 m.ü.M und wir wollen uns dort ein paar Tage ausruhen und unsere Eindrücke verarbeiten. Dorthin nehmen wir den Zug. Die vierstündige Fahrt beginnt pünktlich und die Sitzplätze in der Upper Class sind nummeriert - alles wie zu Hause. Aber dann zeigt sich der Unterschied. Meist rollt der Zug nur mit 20 – 30 km/h durch die Gegend und wenn er mal schneller wird, dann rumpelt und schaukelt es gewaltig, so dass er gleich wieder langsamer wird. Es bleibt somit genügend Zeit, die wunderbare Landschaft durchs offene Fenster zu bewundern und den Leuten auf den Feldern bei der Reisernte zuzuschauen. Jeder Stopp bei einem Bahnhof führt zu einem halbstündigen Unterbruch, aus den Lautsprechern dröhnt Musik, Händler verkaufen ihre Waren und die Leute verpflegen sich. Es geht zu und her wie auf einem Dorffest – und das ist es wahrscheinlich auch, wenn einmal im Tag der Zug durchkommt!

 

In Kalaw kennen wir niemanden aber wir werden schon von einem kleinen Mann mit Bart erwartet! Er kommt auf uns zu und ruft immer Oscar, Oscar. Wir vermuten dass es sein Name ist und folgen ihm. Draussen angekommen verstehen wir was er meint: vor uns steht ein kleines Pferd mit einem uralten Einachserwagen, eben ein „Horsecar“. Dieses Gefährt ist gemacht für zwei Asiaten oder vier Säcke Reis. Wir sind drei Europäer mit Gepäck! Beim Beladen müssen wir also aufpassen, dass wir Oscar (nun der Name des Pferdes) nicht in die Luft heben. Das gelingt uns und die vermeintlich kurze Fahrt zur Unterkunft geht los. Da das Haus aber auf einem Hügel liegt und die kurze Anfahrt zu steil ist, wählt der Mann den langen Weg um den Hügel herum. Trotz mässiger Steigung rutscht Oscar immer wieder auf der Strasse aus und wählt darum wenn möglich den Weg neben der Strasse. Für die kurze aber steile Abfahrt zur Unterkunft möchten wir gerne aussteigen, aber der kleine Mann treibt Oscar immer weiter. Auf allen vier Hufen über den Asphalt schliddernd schafft es das Gefährt doch noch rechtzeitig zu bremsen und wir können heil aussteigen. Den vorher von 3000 auf 2000 herunter gehandelten Preis rundet Jolanda wieder auf und gibt 1000 Kyat zusätzlich für das Pferd.

 

Kalaw selber ist ein Kaff, dominiert von der Durchfahrtsstrasse und einigen einfachen Restaurants. Das spezielle Flair des englischen Luftkurortes haben wir noch nicht gefunden. Das Klima ist frisch und weil es am nächsten Tag immer wieder regnet, benützen wir den Tag für das Update der Homepage und ein bisschen Nichtstun. Für eine glatte Rasur beim örtlichen Barbershop und einen neuen Haarschnitt reicht es auch noch.

 

Am nächsten Tag ist es wieder sonnig und wir entscheiden uns für einen Halbtagestrek ins Hinterland. Dafür engagieren wir Soo, der sehr gut Englisch spricht und uns über alle Gemüse, Handwerke und vieles mehr aufklärt. Einzig beim Thema Familie, Scheidung, spezielle Lebensformen usw. wird er still und wir beschliessen nicht alles von uns zu erzählen....hier in Asien werden viele Dinge nicht ausgesprochen und es geht immer darum, das Gesicht nicht zu verlieren und die Fassung zu bewahren. Das angesteuerte Dorf in den Bergen erweist sich als touristenerpobt. Die Kinder betteln sofort nach Candies und werfen sich dafür geradezu vor die Kamera. Der örtliche Souvenirshop ist gut bestückt und wir kaufen schöne Sachen zu billigen Preisen. Nach vier Stunden Trekking haben wir genug, der Ausflug ist gelungen.

 

Für die letzte Nacht müssen wir noch das Hotel wechseln, weil die Honeymoon Villa augebucht ist. Wir werden die drei Frauen dort vermissen, denn so etwas an Gastfreundlichkeit haben wir noch selten erlebt. Wir wechseln ins Nature Land, das etwas ausserhalb von Kalaw gelegen ist. Aus diesem Grund beschliessen wir im dortigen Restaurant zu essen. Da wir vorerst die einzigen Gäste sind, bleiben wir in der Bar neben der Rezeption sitzen und beobachten das Treiben der mindestens 6 - 8 jungen Männer und Frauen, die sich um das Hotel kümmern. Die Menukarte ist gross, mindestens 20 Seiten, und wir bestellen Variationen von Chicken und Salat. Die Bestellung wird umgehend telefonisch aufgegeben - aber nicht in die Küche. Etwa nach 20 Minuten kommt Bewegung in die Gruppe und die "Töfflibuebe" fahren Richtung Kalaw. Kurz darauf wird unser Essen, frisch angeliefert von irgendwo, aufgetischt. So haben wir uns das nicht vorgestellt aber das Essen war superlecker!! Da wir keinen Chef oder so ausmachen können, gehen wir davon aus, dass es sich beim Nature Land Hotel um eine Art Schülerprojekt handelt oder vielleicht sogar um eine Aktivität des örtlichen Ferienpass....

 

Der letzte Tag in Kalaw steht im Zeichen der Abreise mit dem Zug. Nach zweistündiger Wartezeit steigen wir ein in den Upper Class Wagen, der sich dieses Mal als Rostlaube entpuppt. Die Motivation für die siebenstündige Fahrt die Berge hinunter nach Thazi ist kurzzeitig tief. Die spektakuläre Aussicht in die Landschaft und die erlebnisreichen Zwischenstopps in den Dörfern lassen die ersten Stunden aber rasch vergehen. Nach dem Eindunkeln ab 18.00 wird die Fahrt aber immer unheimlicher, mitten durch den Regenwald, den Berg hinunter mit kreischenden Rädern. Ein Pannenstopp und der tief liegende Nebel bringen auch keine Erheiterung aber irgendeinmal wird es wieder flach und wir nähern uns dem Bahnhof Thazi. Einen Anschluss nach Mandalay gibt es um 22.00 nicht mehr und die Zimmer des einzigen Guesthouse sind ziemlich abgewohnt (es gäbe auch andere Ausdrücke). Wir beschliessen das Ding durchzuziehen und verlassen das Guesthouse und Thazi nach sieben Stunden Schlaf mit den ersten Zug in Richtung Mandalay. Wir reisen diesmal Ordinary Class (Holzklasse), doch der Zug ist pünktlich und die dreistündige Fahrt in den Morgen angenehm. Beim Aussteigen haben wir das Abenteuer Zugfahren als beendet erklärt. Dafür braucht es nicht einmal das Veto-Recht, das Jolanda als einziger Frau unserer Gruppe zusteht. Es war anstrengend aber die Erlebnisse und Eindrücke sind intensiv und werden uns immer an Myanmar erinnern.